von Katrin Streich, I:P:Bm
Wirft man dieser Tage einen Blick in die Zeitungen mit Fokus auf das internationale Weltgeschehen, so lassen sich dort zahlreiche Beispiele für klassische Eskalationsdynamiken finden. Im aktuellen Handelskonflikt zwischen China und den USA beispielsweise entscheidet wohl am Ende die Wortwahl über eine mögliche Lösung oder eben auch nicht. Der eine bekundet öffentlich auf Twitter, dass er sowieso gewinnen werde und der andere spricht von verletzter Würde. Diese Dynamik befindet sich im Aufwärtstrend einer Eskalation und wird im Laufe der Zeit immer schwieriger (auf)lösbar. Denn Worte vermitteln die eigene Haltung, die Sicht auf das Gegenüber und vor allem können sie direkt in das Zentrum des Selbstwertes treffen. Ist dies einmal geschehen, geht es neben den ganzen inhaltlich zu klärenden Themen vor allem um die Verteidigung eben jenes angegriffenen Selbstwertes und um Gesichtswahrung. Die Sachebene tritt zunehmend in den Hintergrund und die Beziehungsebene fängt an zu feuern.
Wer auf internationaler Ebene und in der Weltpolitik der Regelhaftigkeit der fragilen Kommunikation folgt, tut es in direkten sozialen Interaktionen erst Recht. Auf dem Amt, am Telefon, auf der Straße und vor Gericht. Menschen drücken ihre vermeintlichen Ansprüche, ihren Ärger und Frustrationen, ihren Alltagsstress und Beschwerden zunehmend aggressiver ihrem Gesprächspartner gegenüber aus. Auch unsere Kunden aus der Verwaltung, Ämtern und der Justiz berichten immer wieder über unangemessene Kommunikation. Wenn Menschen übergriffig werden, sowohl verbal und erst recht körperlich, dann hinterlässt das Spuren. Eskalation bedeutet immer Stress für den Körper. Der wird umso größer wahrgenommen, je weniger Handlungsfähigkeit die Betroffenen fühlen.
In der heutigen Zeit ist es sicherlich sinnvoll an den eigenen Kompetenzen zu arbeiten und weniger auf eine Besserung der Gesamtsituation zu hoffen. Auch Polizei, Rettungswesen und Feuerwehr berichten regelmäßig von offener Anfeindung und Behinderung der Arbeit durch aufgebrachte Bürger.
Aus unserer bedrohungsanalytischen Sicht ist es für Institutionen und Firmen sinnvoll neben der Erhöhung der physischen Sicherheit (Einlasskontrollen, Alarmsysteme etc.) eine Policy zur Gewaltfreiheit zu entwickeln. Zu dieser Policy gehört es, Übergriffe zu ahnden und den Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen eine Handlungssicherheit auf der individuellen Verhaltensebene zu vermitteln. Nur so kann sich der Glaube an die eigene Selbstwirksamkeit etablieren, die es braucht um mit aggressiven Menschen umzugehen. Die Fähigkeit zur Deeskalation ist erlernbar. Im Hinblick auf die große Macht, die Worte haben können – verletzend, provozierend, eskalierend – sollte man sich die Möglichkeiten zu eigenen Gegenmaßnahmen bewusst machen – Grenzen wahren und setzen, deeskalieren und intervenieren.
Bei weiterem Interesse für das Thema Deeskalation können Sie hier noch ein Interview mit Dr. Jens Hoffmann in der Onlinezeitschrift „Marktplatz Sicherheit“ lesen. Er gibt Auskunft zu der Problematik Angriffe auf Mitarbeiter und Einsatzkräfte.